Ja, es gibt furchtbar intolerante Sätze vom Reformator Martin Luther, vor allem aus der Zeit, als ihn der Altersstarrsinn prägte – und er auch über manches enttäuscht war, was er sich anders vorgestellt hatte. Diese Sätze werden im Vorfeld des Reformationsjubiläums oft zitiert und sie sind auch nicht zu entschuldigen.
Festzuhalten ist aber, dass aus Luthers theologischem Grundanliegen etwas ganz anders folgt, ja dass seine Konzentraton auf das Wort Gottes und seien Lehre von den zwei Regimenten Gottes ein Toleranzmodell vorzeichnet, das noch besser und tragfähiger ist als die neuzeitliche „Alles-egal“-Toleranz.
Dass es im Kern der Theologie Luthers notwendig angelegt ist, jede Gewalt in Glaubensdingen abzulehnen, machen folgende Worte aus seiner „Fastenpostille“ deutlich:
„Was für rasende Leute sind wir so lange Zeit gewesen, die wir die Türken mit dem Schwert, die Ketzer mit dem Feuer, die Juden mit Töten haben zum Glauben zwingen wollen … – gerade als wären wir die Leute, die über Herzen und Geister regieren könnten und als ob wir sie fromm und recht machen könnten, was doch allein Gottes Wort tun muss. Aber mit dem Morden scheiden wir die Leute gerade von diesem Wort, so dass es gar nicht an ihnen wirken kann und bringen so gleich zwei Morde auf uns – nämlich, dass wir den Leib zeitlich und zugleich die Seele ewiglich töten – und sagen danach, wir hätten Gott einen Dienst damit getan und wollen bei ihm noch etwas Besonderes verdient haben!“
Aus der Fastenpostille WA 17/2 S. 125 Z. 12ff. zitiert nach Christoph Weiling Leserbrief im Deustchen Pfarrerblatt 2016 S. 474 (sprachlich geglättet)